Wie entwickelt sich nun die Religiösität in der Schweiz? Die wichtigsten Befunde sind folgende:
- Die christliche Religiösität nimmt weiter ab
- Die offene, holistische Spiritualität bleibt relativ konstant
- Frappante Unterschiede ergeben sich bezüglich Religiösität v. a. zwischen den Generationen
- Die «spirituelle» Revolution bleibt aus, d.h. der Prozess der Säkularisierung wird nicht zwingend durch eine neue, ungebundene Spiritualität ersetzt.
Die Ergebnisse sind nicht wirklich überraschend. Die Bedeutung der institutionalisierten Religion nimmt ab, zumindest bezogen auf die beiden traditionellen Schweizer Kirchen (katholisch und reformiert), während die Zahl der Menschen, die sich als nicht religiös, aber spirituell bezeichnen, in der jüngeren Generation stabil bleibt oder gar leicht zunimmt.
Das Wort «religiös» ist nicht mehr im Trend, vor allem nicht bei den jüngeren Generationen, die dieses als veraltet ansehen und oft negativ in Zusammenhang mit institutionalisierter, strenger, konservativer Tradition bringen. Es ist also nicht mehr der Begriff «spirituell», der negativ besetzt ist, sondern eher der Begriff «religiös», wenn auch sprachlich differenziert. Die Identifikation mit Spiritualität ermöglicht es jüngeren Menschen, sich von früheren Generationen und deren geschlechtsspezifischen Vorurteilen abzusetzen und eine Reihe von neuen Ideen in Bezug auf transzendenzbezogene Vorstellungen des menschlichen Lebens vorzubringen. Diese Vorstellung ist nicht nur das Ergebnis einer «narzisstischen» und konsumorientierten Sichtweise, die seit langem mit der zeitgenössischen Spiritualität verbunden wird. Die exklusiv «Spirituellen» sind zum Beispiel am offensten dafür ist, dass jemand einer andern Religion angehört oder jemand zu heiraten, der ganz anderen religiösen Ansichten hat, als jene der eigenen Familie.
Für uns in der Jugendarbeit Tätige stellt sich die Frage, wie wir junge Menschen mit ihrem spirituellem Bedürfnis abholen, wenn sie sich nicht mehr in ein religiöses System wie die Kirche eingebunden fühlen. Welche neuen Ansätze müssen dazu entwickelt werden? Welche neuen Formen von Ritual und Besinnung braucht es?